Pressemitteilung 02/12
vom 5. Juni 2012
Zur Überwindung einer Nulllösung beim Wissenschaftsurheberrecht erst einmal in Richtung eines Zweitverwendungsrechts
Bis vor kurzem sah es so aus, dass Bundesregierung und auch Bundesjustizministerium keinerlei Aktivität zugunsten eines wissenschafts- und
bildungsfreundlichen Urheberrechts entwickeln würden. Nur KünstlerInnen, Verbraucher und Verlage schienen das Ministerium noch zu interessieren.
Jetzt aber – wer auch immer dafür verantwortlich sein mag: vielleicht sogar das Bundesministerium für Bildung und Forschung oder der
öffentliche Druck der Piratenpartei scheint sich doch ein kleines „Window of oppertunity” auf zu tun. Vielleicht ist zumindest eine
Regelung für ein Zweitverwendungsrecht von UrheberInnen in Bildung und Wissenschaft möglich (zuweilen auch Zweitverwertungs- oder
Zweiveröffentlichungsrecht genannt).
Das Aktionsbündnis fordert die Bundesregierung auf, diesen überfälligen Schritt nun auch endlich zu machen. Auch die Projektgruppe
„Bildung und Forschung” der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft” hat am 21.5.2012 parteiübergreifend
eine Handlungsempfehlung
zum Thema „Open Access und Zweitveröffentlichungsrecht” abgegeben.
Ein Zweitverwendungsrecht hat mit Open Access zunächst nichts zu tun und kann daher auch ohne Regelung der Art der darauf folgenden
tatsächlichen Verwendung in das Gesetz eingebracht werden. Das sollte über eine kleinere Änderung in § 38 UrhG erreichbar sein.
Dieses Recht beeinträchtigt in keiner Weise Wissenschaftsfreiheit. Vielmehr stärkt es die auch politisch zweifellos erwünschten Rechte
der UrheberInnen in Bildung und Wissenschaft. Das Zweitverwendungsrecht sollte Arbeiten betreffen, die z.B. in Periodika, Sammelbänden,
Festschriften und Proceedings erscheinen, aber zu erwägen wäre in mittlerer Perspektive auch die Berücksichtigung von Monographien.
Zwischen wissenschaftlicher Erstpublikation in einem Organ der freien Wahl der WissenschaftlerInnen und der Zweitveröffentlichung sollte
eine Embargofrist liegen. Die Frage der Regelung der Formatierung der Zweitverwertung hält das Aktionsbündnis für zweitrangig,
wenn auch in den Rechts-, Geistes- und Sozialwissenschaftlichen weiterhin der verbindliche, referenzierbare Zitatnachweis wichtig ist.
Wie gesagt, das Zweitverwendungsrecht hat mit Open Access zunächst nichts zu tun und kann sofort als Recht der UrheberInnen implementiert werden.
Das Aktionsbündnis empfiehlt jedoch dem Gesetzgeber, ergänzend zur jetzt anstehenden Regelung des Zweitverwendungsrechts, durch ein
Bündel von Maßnahmen dafür zu sorgen, dass im Interesse der Öffentlichkeit an einer freien und offenen Nutzung zumindest des
mit öffentlichen Mitteln produzierten Wissens Formen der Verbindlichkeit gefunden werden.
Optionen, dieser Herausforderung Rechnung zu tragen, werden ja in der Literatur diskutiert, z. B. freiwillige Bereitschaft der AutorInnen,
ihr neues Recht zugunsten Open Access zu nutzen; Zwangslizenzen gegenüber den Rechtinhabern; vertragliche Vereinbarungen bei der
Drittmittelförderung; entsprechende Formulierungen bei den Arbeitsverträgen zugunsten eines einfachen Zweitnutzungsrechts der
Organisationen der UrheberInnen (im Sinne eines institutionellen Mandats) oder, weitestgehend, die Verankerung des institutionellen Mandats
als Schrankenregelung im Urheberrecht selbst. Aber sie alle müssen sicher noch weiter in ihren Konsequenzen und in rechtlicher
Verträglichkeit überprüft werden.
Aber jetzt sollte dieses kleine Fenster genutzt werden. Dass es damit nicht insgesamt mit dem wissenschaftsfreundlichen Urheberrecht getan ist,
weiß jeder in Bildung und Wissenschaft. Nach wie vor steht die grundlegende Forderung des Aktionsbündnisses nach einer
uneingeschränkten, genehmigungsfreien Nutzung öffentlich finanzierten Wissens in Bildung und Wissenschaft im Raum.
Über etwaige noch anfallende Vergütungen an Rechteinhaber müssen sich die Träger der Einrichtungen von Bildung und
Wissenschaft auf eine entsprechende Finanzierung verständigen, so wie sie es ja auch (jahrhundertelang) mit den Bibliotheken getan haben.
Aber jetzt sollte es zur Überwindung einer Nulllösung erst mal in Richtung „Zweitverwendungsrecht” gehen.
Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft”
V.i.S.d.P. Prof. Dr. Rainer Kuhlen (Sprecher)
Hintergrund: Im 2004 gegründeten Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft sind neben den sechs großen Wissenschaftsorganisationen
Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft und Wissenschaftsrat 371 Fachgesellschaften,
Verbände und Institutionen sowie mehr als 7250 persönliche Unterzeichner der Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft zusammengeschlossen.
Weitere Informationen zum Themenkomplex des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
bietet auch die Plattform IUWIS.
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Nächste Termine |
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung
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News  |
6. April 2021

Das Aktionsbündnis nimmt zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ Stellung.
Stellungnahme vom 6. April 2021 zum Gesetzentwurf.
Stellungnahme vom 22. Februar 2021 zum Gesetzentwurf.
Stellungnahme vom 6. November 2020 zum Referentenentwurf.
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7. Oktober 2020

Bei de Gruyter erschienen:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447
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28. Februar 2018

UrhWissG tritt in Kraft — kein ganz großer Wurf, aber doch größere Rechtssicherheit und einige Verbesserungen
(Pressemitteilung).
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20. November 2017

Alle Vorträge unserer Jahrestagung vom 8. November 2017 sind online verfügbar:
(Vorträge).
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7. Juli 2017

Die Urheberrechtsreform (UrhWissG) ist durch — Erleichterung, aber kein Grund zum Jubeln
(Pressemitteilung).
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26. Juni 2017

Ein Appell an den Bundestag: Das UrhWissG muss in dieser Legislaturperiode ohne Einschränkungen verabschiedet werden.
Das Aktionsbündnis fordert die beiden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann, auf,
den Regierungsentwurf für das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz für die Abstimmung im Bundestag freizugeben, und dann
die Mitglieder des Bundestags, dem Gesetz ohne Einschränkungen zuzustimmen.
(Pressemitteilung).
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22. Mai 2017

FAZ, diesen Kampf kannst Du nicht gewinnen — Verzerrter Journalismus in Sachen Urheberrecht durch Herausgeber und Geschäftsführer der FAZ
Das Aktionsbündnis kritisiert den offenen Brief der Herausgeber und Geschäftsführer an den Bundesrat vom 12.5.2017
und den vom 18.05.2017 an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Durch diese Schreiben versuchen die
„Macher“ des Blattes Druck auf die Gesetzgebungsorgane
auszuüben. Dieses Verhalten kann man gelinde gesagt nur als ungewöhnlich und äußerst bedenklich bezeichnen.
(Pressemitteilung).
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10. Mai 2017
Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum
„Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am
12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Pressemitteilung)
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27. April 2017

Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch
bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Pressemitteilung).
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23. Februar 2017
Petition zur Unterstützung des Referentenentwurfs zur Reform des Urheberrechts
Unterstützen auch Sie diese Petition auf change.org!
(zur Petition)
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14. Februar 2017

Wir machen darauf aufmerksam, dass auf der Website
www.publikationsfreiheit.de versucht wird, die Öffentlichkeit und
insbesondere die Autorinnen und Autoren in Bildung und Wissenschaft mit unzutreffenden Behauptungen zugunsten von
Verlagsinteressen zu manipulieren.
(Pressemitteilung).
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24. Januar 2017
Der Weg ist noch nicht zu Ende — aber die Richtung stimmt
Das Aktionsbündnis sieht im Referentenentwurf des BMJV für ein „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz —
UrhWissG“ einen wichtigen Schritt in Richtung eines bildungs- und wissenschaftsfreundlichen Urheberrechts.
(Pressemitteilung)
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21. Dezember 2016

Der Weg zu der Einen Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke (ABWS) sollte nun frei sein — Gehen Sie voran, Herr Maas!
(Pressemitteilung).
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15. Dezember 2016
KMK, VG Wort und HRK müssen endlich Klarheit schaffen
Die gemeinsame Pressemitteilung von KMK, VG Wort und HRK vom 9.12.2016 sorgt in den Hochschulen weithin stark für Verunsicherung
und Verwirrung. Was soll tatsächlich ab dem 1.1.2017 mit den elektronischen Semesterapparaten geschehen? Weiter wird derzeit
gelöscht bzw. Texte auf unsichtbar gestellt. Es besteht Handlungsbedarf!
(Pressemitteilung)
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12. Dezember 2016

Und sie scheinen sich doch noch bewegen zu können – KMK und VG-Wort.
Und die Hochschulrektorenkonferenz ist jetzt an Bord.
Wie die Übergangsregelung ab Anfang 2017 aussehen soll, ist jedoch noch unklar.
Schuld an dem jetzigen offensichtlichen Desaster um den Rahmenvertrag zu § 52a UrhG ist letztlich die unerträgliche
Verzögerungstaktik der Politik.
(Pressemitteilung).
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22. November 2016
Empfehlung zum Umgang mit § 52a UrhG im Kontext des Rahmenvertrags zwischen KMK und VG-Wort veröffentlicht.
(Pressemitteilung)
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16. November 2016

Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von
diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen!
Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(offener Brief).
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Publikationen |
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Vorträge der Jahrestagung vom 8. November 2017 online verfügbar:
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Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
über ihre Urheberrechte,
wie handeln sie, und was wünschen sie?
- Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.
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Folder mit unserem Empfehlungen zum Umgang mit dem Rahmenvertrag zwischen KMK und VG-Wort zu § 52a UrhG
- Version: 22. November 2016
- Format: A4 duplex
-
Folder mit den aktuellen Forderungen
- Version: August 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.
-
Folder zur Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsklausel
- Version: August 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.
-
Folder zum Zweitöffentlichungsrecht für wissenschaftliche Artikel
- Version: Juli 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.
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Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
- Zusammenstellung zur Jahrestagung am 10. Oktober 2013
-
Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
- Auswertung einer Befragung und politische Konsequenzen, September/Oktober 2011
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Wichtige Links |
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